Wirtschaftspolitik:

für eine Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft!

 

Immer wieder hören wir:
"Wir leben über unsere Verhältnisse!" Stimmt das?


Wenn wir die Sache aus ökologischer Sicht betrachten, stimmt dies sicher.
Wenn wir es aber aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachten, stimmt es nur bedingt. Seit dem 2. Weltkrieg haben wir uns einen beeindruckenden Wohlstand erarbeitet. Dieser ist auch weiterhin vorhanden. Seit den 1980 Jahren wird jedoch von monetaristischer ("neoliberaler") Seite daran gearbeitet, diesen immer ungerechter zu verteilen. Die Reichen werden immer reicher gemacht und die Armen immer ärmer. Es wird behauptet, es gäbe dazu keine Alternative.

Bereits seit den 1970er Jahren wurden die Interessenverbände der Sozialen Marktwirtschaft immer stärker von Monetaristen übernommen und dominiert. Der Monetarismus will im Gegensatz zur "Sozialen Marktwirtschaft" einen "Nachtwächterstaat", den Begriff der sozialen Gerechtigkeit zurückdrängen, sowie soziale und ökologische Grundrechte abschaffen. Er legt keinen großen Wert auf ein strenges Kartellverbot und eine wirksame Monopolkontrolle. An deutschen Universitäten existieren kaum noch Lehrstühle in der Tradition der Ideen Walter Euckens.

Dieser Entwicklung müssen wir deutlich widersprechen !

"Es ist also nicht der sogenannte Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu bekämpfen, sondern wirtschaftliche Macht selbst." (Walter Eucken)

Das "Wirtschaftswunder" in unserem Land mit Wohlstand und sozialer Stabilität verdanken wir der Sozialen Marktwirtschaft, vorangetrieben vom damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard.

Wie sehen die Prinzipien der Marktwirtschaft, entwickelt von Walter Eucken, nun aus?

Als erstes staatspolitisches Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft forderte Eucken, die Funktionen wirtschaftlicher Machtgruppen zu begrenzen bzw. diese aufzulösen (z.B. bei wirtschaftlichen Kartellen).

Das zweite staatspolitische Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft ist, dass der Staat sich mit eigener wirtschaftlicher Tätigkeit zurückhalten und nur in den Bereichen selbst wirtschaftlich tätig werden soll, in denen kein funktionierender Leistungswettbewerb hergestellt werden kann. Das betrifft z.B. hoheitliche Aufgaben und "natürliche Monopole" wie die Wasserversorgung.

Hinzu kam der Subsidiaritätsbegriff aus der katholischen Soziallehre.
Das Subsidiaritätsprinzip dient der sozialen Verpflichtung und gleichzeitig der Begrenzung staatlichen Handelns.

Eucken nannte als Beispiele, wo der Staat der Wirtschaft Grenzen setzen muss, vor allem Bereiche, in denen bestimmte Kosten und Schäden nicht in der Bilanz des verursachenden Betriebs erscheinen, aber für die gesamte Gesellschaft entstehen. So forderte Eucken wirksame Gesetze zum Schutz der Wälder und des Wassers, zur Arbeitszeitbegrenzung, zum Unfallschutz am Arbeitsplatz sowie für die Gesundheit der Kinder das Verbot von Kinderarbeit.

Eucken stellte die folgenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung auf:
a) konstituierende Prinzipien

  1. Das Grundprinzip (freie Preisbildung)
  2. Stabilität der Währung
  3. offene Märkte (v. a. wenig Zölle, schwache Patente, Gewerbefreiheit für alle)
  4. Privateigentum
  5. Vertragsfreiheit (die nicht zur Ausschaltung der Vertragsfreiheit führen darf)
  6. volle Haftung (damit Rentabilität nur über eine äquivalente Leistung entsteht)
  7. Konstanz in der Wirtschaftspolitik
  8. Zusammengehörigkeit aller konstituierenden und regulierenden Prinzipien

b) regulierende Prinzipien

  1. Monopolabwehr (Kartellrecht und Monopolkontrolle)
  2. progressive Einkommensteuer
  3. Wirtschaftsrechnung zur Internalisierung externer Kosten
  4. Arbeitsrecht (gegen Kinderarbeit und gesundheitlichen Raubbau, für Begrenzung der Arbeitszeit)
Eucken forderte, diese Prinzipien im Grundgesetz zu verankern ("Wirtschaftsverfassung").
Wir fordern außerdem ein Menschenrecht auf gesunde Natur und Umwelt - auch für künftige Generationen - zu schaffen.
Ziel der Sozialen Marktwirtschaft ist ein geordnetes Zusammenleben grundsätzlich selbstverantwortlicher Menschen, in dem jeder Chancengleichheit hat. Daneben muss ein gerechtes soziales Netz allen Menschen ein Leben in Würde ermöglichen. Wegen der dezentralen Lenkung von ökonomischer und politischer Ordnung dürfen in beiden Bereichen keine Machtkonzentrationen wirken. Dazu ist das unverfälschte und unabdingbare, vorrangig direktdemokratische Entscheidungsrecht aller Bürger erforderlich.

Ökologie

Die Ölkrise 1973 und die Warnungen des "Club of Rome" 1976 zeigten vielen Menschen die ökologischen und gesellschaftlichen Grenzen des Wachstums auf.
Die ödp hat sich 1982 gegründet, um die Soziale Marktwirtschaft zur Ökologisch-Sozialen Marktwirtschaft auszubauen.
Das Hauptproblem freier Märkte ist das Abschieben sozialer und ökologischer Kosten auf die Umwelt und Nachwelt. Der Klimawandel ist das größte Versagen des Marktes.

Die Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft berücksichtigt auch die ökologische Effizienz des Wirtschaftens. Die Kosten ökologischer Störungen und Schäden sind soweit nötig zu erfassen und den Verursachern anzulasten.

Wir wollen eine Steuerreform für Arbeit und Umwelt, durch die der Verbrauch fossiler Energien mit Ökosteuern belastet wird. Die ödp hat als weltweit erste Partei dieses Konzept in Anlehnung an Prof. Dr. Hans-Christoph Binswanger in ihr Programm aufgenommen. In Deutschland ist der Einsatz fossiler Energie viel zu billig. Unsere Steuerreform erreicht durch ihre Aufkommensneutralität, daß die Arbeitsplätze, die dadurch in energieintensiven Bereichen verlorengehen, in energiearmen Bereichen neu entstehen.

Die ödp unterstützt die Initiative "Global Marshall Plan", die für eine gerechte Weltwirtschaft, für eine weltweite Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft eintritt. (1) Sie unterstützt außerdem die Kampagne "Shrink it or sink it", die für Transparenz und Machtbegrenzung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eintritt. (2)


 

Fußnoten:

Der "Global-Marshall Plan" geht auf eine Initiative des ehemaligen US-Vize-Präsidenten Al Gore zurück. Sie fordert die Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft für die Umsetzung der "Milleniumsziele" der UNO zur Armutsbekämpfung.

Der IWF hatte ursprünglich vor allem die Aufgabe, das Weltfinanzsystem zu stabilisieren. Heute zwingt er die Entwicklungsländer über seine Machtposition bei der Beurteilung von deren Kreditwürdigkeit,ein "neoliberales" Wirtschaftssystem auf. Industrieländer, die entsprechend ihrem Kapitalanteil die Mehrheit der Stimmrechte innerhalb des IWF haben, stehen hier besonders in der Verantwortung.


Autor: Bundesarbeitskreis Wirtschaft der ödp